Gerade gelandet: ein Kiebitz auf einer Wiese im Laubenheimer Ried. Nur das schwarz-weiße Gefieder und dazwischen die Federhaube am Kopf sind zu sehen.
In diesen Wochen sind die besonderen Vögel sehr aktiv. Ihre waghalsigen Flugmanöver fallen schon von weitem auf. Was hat denn der genommen? fragt eine Freundin erstaunt beim Anblick der Flugbewegungen. Abrupt können die Kiebitze in der Luft ihre Richtung ändern. Mit ihrem Flugverhalten möchten männliche Kiebitze in der Balz-Zeit im Frühjahr ihre Partnerin beeindrucken. Vor allem aber schrecken sie mögliche Gegner ab wie Krähen und Greifvögel. Auch Menschen sind auf ihren Wiesen in der Brutzeit nicht gern gesehen. Mit lauten Rufen versuchen die Vögel, die Zweibeiner aus ihrem Gebiet zu vertreiben: Kiewitt! Kiewitt! Das Kiebitzschutz-Projekt Rheinland-Pfalz ruft Spaziergänger auf, Rücksicht zu nehmen auf Brutvögel. Auch sollten Hunde im Naturschutzgebiet immer an der Leine gehalten werden.
Aus dem fliegenden Überschwang ergibt sich auch die Paarung. Das Weibchen bleibt am Boden, das Männchen flattert herbei und in kurzer Zeit ist neues Leben ermöglicht. Die Paarung dauert im Schnitt 1,7 Sekunden, wie der Ornithologe Thomas Zöllner mit der Stoppuhr gemessen hat.
Das Kiebitz-Weibchen legt meist vier Eier in einer Nestmulde ab.
Das Gelege der Bodenbrüter ist gefährdet. Füchse oder Greifvögel sind als Nesträuber aktiv. Um die neue Kiebitz-Generation zu schützen, haben Gerardo und Freya vom Kiebitz-Projekt einen Nestschutzkorb über einem Gelege platziert, das sich nur drei Meter von einem Feldweg entfernt befindet.
Danach beginnt das bange Warten: Akzeptiert das Kiebitz-Weibchen die fremde Konstruktion und setzt das Brüten fort? Einige Male fliegt es darüber, lässt sich dann in der Nähe nieder. Schließlich schlüpft der Vogel durch die Metallstäbe und setzt sich auf die Eier.
Jetzt kann auch der Schwarzmilan nicht mehr an die Eier ran. Und am Weiher schützt ein Elektrozaun das Kiebitz-Gelege vor dem Fuchs.
Der geschützte Weiher ist auch für andere Vögel eine Heimstatt. Flussregenpfeifer, Familie Kanadagans und ein Rotschenkel lassen sich am Ufer nieder.
Aber zurück zu den Kiebitzen! Denn inzwischen sind die ersten Küken geschlüpft. In der Fachsprache werden sie Pullis genannt. Sie sind nach ihrer Geburt sehr schüchtern. Mit grüner Jacke und grünem Rücksack kauere ich mich eine halbe Stunde am Boden, werde zu einem Teil der Umgebung. Schließlich sehe ich, wie sich ein kleines Püschel bewegt. Was macht da ein Singvogel auf dem brach liegenden Acker? Nein, das ist kein Singvogel, das ist die neue Kiebitz-Generation. Vorsichtig trippelt das kleine Kiebitz-Kind am Rand entlang, immer bereit, bei Gefahr ins hohe Gras zu verschwinden.
Gerardo sagt, in diesem Jahr sind die Bedingungen schwierig, weil es so lange kalt geblieben ist. Deswegen sind auch die Insekten noch nicht so weit entwickelt. Immer wieder pickt der kleine Kiebitz in die Erde. Als Nestflüchter muss er von klein auf selbständig werden. Aber die Vögel passen auch auf einander auf. Die Eltern sind nie weit entfernt.
Nicht nur in Rheinhessen, auch in anderen Regionen wird versucht, die besondere Art Vanellus vanellus zu erhalten. Ein bisschen Fläche und etwas Rücksichtnahme in Landwirtschaft und Freizeitverhalten, dann sollte es auch genügend Platz für diese besonderen Mit-Lebewesen geben.